Das Ding an sich

Teil 2: Das Universum als Gedankenexperiment


3. Die andere Wirklichkeit der Wissenschaft

3.1 Der Kosmos tanzt

Wenn wir mit der esoterischen Vorstellung von Wirklichkeit als einer universalen Einheit beginnen wollen, müssen wir uns zunächst fragen, was denn bei­spiels­weise Menschen, Tiere und Pflanzen gemeinsam haben. Die Antwort wird uns nicht schwerfallen: Jedes Lebewesen besteht aus Zellen, die im Prinzip alle gleich sind.

Was haben aber Lebewesen und z.B. Steine gemeinsam? Auch hier ist die Ant­wort klar: Sie bestehen wie alle Materie aus Atomen. Da es jedoch verschiedene Atome gibt, könnten wir diese Spiel jetzt fortsetzen, wie es die Philosophen getan haben und die Naturwissenschaftler noch heute tun. Aber dazu kommen wir gleich.

Die esoterische Idee der kosmischen Einheit beruht noch auf einer zweiten Kom­po­nente, nämlich der, daß alles, was ist, miteinander wie mit unsichtbaren Fäden in Beziehung steht. Wir stehen nicht nur mit entfernt lebenden Men­schen in unmittelbarer Beziehung, sondern auch mit Tieren, Bergen, ja dem ganzen Planeten und sogar dem ganzen Weltall.

Raum und Zeit sind nur relative Begriffe und deshalb ist die Zeiteinteilung in Ver­gangenheit, Gegenwart und Zukunft eine rein subjektive Einschätzung. Alles ist jederzeit jedem gegen­wärtig, wenn er sich dafür öffnet.

Eines der am häufigsten gebrauchten Begriffe unter eingeschworenen Esoteri­kern ist das Wort „Schwingung“. Die eigenen Schwingungen zu erhöhen bedeu­tet: Bewußtseinserweiterung oder Energienanreicherung. Eine Verringerung der Schwingungen: Bewußtseinsverengung oder einen niedrigeren Energiepegel.

Golas spricht davon, daß die Grundfunktion jedes Wesens darin besteht, sich auszudehnen und sich zusammenzuziehen.

„Ausgedehnte Wesen erleben sich als durchlässig, zusammengezogene sind dicht und undurchlässig. Deshalb kann jeder von uns allein oder ge­meinsam mit anderen – als Raum, Energie oder Masse erscheinen, je nach dem Maß, in dem er sich ausgedehnt oder zusammengezogen hat, und welche Art von Schwingungen jeder von uns durch den Wechsel von Ausdehnen und Zusammenziehen ausdrückt. Jedes Wesen verfügt über seine eigenen Schwingungen.“ (Golas, T.: Der Erleuchtung ist es egal, wie Du sie erlangst, Basel 1979, S. 14)

Schwingungen können wir in diesem Zusammenhang als gleichbedeutend mit Wellen ansehen und wie wichtig Wellen auch in unserer Wirklichkeit sind, haben wir bereits im letzten Kapitel gesehen, als sich unsere schöne bunte Welt als kleiner bescheidener Ausschnitt aus dem elektromagnetischen Wellenspektrum erwies. Was ist eigentlich eine Welle?

Wer einen Stein ins Wasser wirft, sieht, wie sich in einem bestimmten Rhythmus die Wasser­ober­fläche in Berge und Täler verwandelt, die sich konzentrisch vom Eintauchpunkt nach außen bewegen, wobei die Höhen und Tiefen sich immer mehr annähern bis die glatte Oberfläche wieder erreicht ist. Was sich dort scheinbar ans Ufer bewegt, ist allerdings nicht das Wasser, sondern es wird lediglich die Energie des bewegten Steins nach außen transportiert und verteilt, ohne daß sich die Wassermoleküle von der Stelle bewegen müssen. Man kann auch sagen, daß die Erschütterung des Raums sich fortpflanzt.

Wellen sind also eine Erscheinungsform der Energie, die wie der Schall an einer Stelle erzeugt werden und sich dann nach allen Seiten mit einer bestimmten Intensität ausbreiten und allmählich schwächer werden, was wir auch z.B. bei Fernseh- und Radiosignalen beobachten können.

Es gibt zwei typische Charakteristika für Wellen, die uns hier interessieren, und zwar ist dies einmal die Frequenz einer Welle, d.h. die die Zahl ihrer Täler und Berge pro Zeiteinheit und die Amplitude, d.h. die Höhen und Tiefen des Gebirges.

Wenn eine Schwingung hoch ist, dann handelt es sich um eine hohe Frequenz (vie­le Wellen, aber auch viel Energie); niedrige Schwingung bedeutet eine ge­rin­ge Frequenz und damit wenig Energie.

Was haben nun Wellen oder Schwingungen mit dem menschlichen Körper zu tun, da wir diesen doch als fest und keineswegs als Wellenbündel erleben, wie es die Esoteriker behaupten?

Daß die Tätigkeit des menschlichen Herzens in einem bestimmten Rhythmus ver­läuft, der in einem Elektro-Kardiogramm (EKG) als Wellenmuster aufgezeichnet werden kann, ist wohl jedem bekannt. Ebenso möglich, wenn auch in der Inter­pre­tation wesentlich schwieriger zu bestimmen, ist die Aufzeichnung der Ge­hirnaktivität in einem EEG. Je nach Zustand des Untersuchten (Wach-, Ein­schlaf- oder Traumphase) unterscheidet man verschiedene Frequenzen, auf denen das Gehirn arbeitet bzw., man kann auch sagen, sendet.

Es läßt sich nun fragen, was denn eigentlich da schwingt und uns zu diesen be­ein­­­druckenden Aufzeichnungen veranlaßt. Daß der Herzrhythmus, dieses stän­dige Aufblasen und Zusammenziehen in Wellenform bildlich dargestellt werden kann, ist leicht einsehbar und entspricht im übrigen der Definition von Golas. Was schwingt aber im Gehirn?

Wenn wir nur eine Sekunde lang auf den gelben Flügel eines Schmetterlings schauen, vibrieren die Moleküle in den Farbrezeptoren der Retina unseres Auges etwa 500 Billionen mal! Diese Zahl muß man sich mal vorstellen. Das sind mehr Wellen als in den letzten 10 Millionen Jahren an den Küsten unseres Planeten ausliefen (Leonhard, G.: a.a.O., S. 19).

Diese ungeheure Zahl kommt dadurch zustande, daß gelb eine Frequenz von eben 500 Billionen mal in der Sekunde hat, d.h. so oft schwingen die elektro­mag­netischen Wellen in der Sekunde, die durch Reflektion des Sonnenlichts vom Schmetterlingsflügel ausgehen und u.a. auf die Farbmoleküle in unserem Auge treffen.

Wir können also festhalten, daß die Moleküle, aus denen unser Körper besteht, offensichtlich auch schwingen und keineswegs in Ruhe sind. Sie bewegen sich quasi billionenmal hin und her, wie ein Pendel und erzeugen damit einen Impuls, den das Gehirn im weiteren Verlauf der Infor­ma­tions­übertragung, aller­dings über Transformatoren wesentlich verlangsamt, zur Bilderzeugung be­nutzt. Daß die Moleküle wie in diesem Fall genau 500 Billionen mal schwingen, hängt damit zusammen, daß sie auf diese Frequenz besonders ansprechen genauso wie andere Moleküle ihre Entsprechung bei anderen Frequenzen haben. Jedesmal reagieren die Moleküle, die in Resonanz mit einer bestimmten Fre­quenz stehen, die gerade gesendet wird, und so bildet sich ein Muster von Schwingungen und Impulsen, das wir für das Abbild der Wirklichkeit halten.

Wenn wir die Moleküle untersuchen, dann wissen wir, daß wir dabei auf Atome stoßen und wenn wir diese zerlegen, zeigen sich subatomare Partikel, usw. Im Inneren eines Atoms steigern sich die Vibrationen ins Unermeßliche. Bestimmte Teilchen schwingen dort in einem Tempo, daß eine Zahl von 10hoch22 (also eine 1 mit 22 Nullen dahinter) in der Sekunde erreicht.

Wenn ein Teilchen mit einer derartigen Geschwindigkeit herumrast, dann dürfte es schwerfallen, es überhaupt noch als Teilchen mit fester Struktur zu beob­achten. Sobald wir es an einem bestimmten Ort lokalisiert hätten, wäre es schon woanders, d.h. Ort und Geschwindigkeit gleich­zeitig zu messen ist unmöglich und deshalb ist es kein Wunder, daß die Quantenphysik Teilchen auch als Wellen betrachtet (Capra, F.: Der kosmische Reigen, München 1977), deren Aufenthalt im Raum verschmiert ist und lediglich eine bestimmte Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß sie sich als Teilchen an einem bestimmten Ort beobachten lassen.

Natürlich ist die Quantentheorie wesentlich vielschichtiger und komplizierter, aber dieses Bild von Teilchen, die fast gleichzeitig an mehreren Orten sein kön­nen, soll uns vorerst genügen, um den Wellencharakter der Materie darzu­stellen. Worauf läuft dieses Bild der Wirklichkeit aber hinaus?

Teilchen, also Materie oder feste Körper, lösen sich aus diesem Blickwinkel in Energiesysteme auf, die einen wellenförmigen Charakter haben und deshalb auch als Wellenbündel angesehen werden können. Materie ist demnach ein Energiepaket, das ständig auf einer bestimmten Frequenz Signale funkt.

Nun ist es aber so, daß unter den unendlich vielen Teilchen, aus denen schließ­lich unser gesam­tes Universum besteht, natürlich nicht nur eine Frequenz zu hö­ren ist. Je nach Intensität beein­flus­sen sich die verschiedenen Systeme gegen­seitig. Es kommt zu Überlagerungen der Wellenberge und -täler; neue Rhyth­men, d.h. Gebirge entstehen.

Die Dinge verändern dadurch ihr Aussehen. Sie wachsen und sterben im ständi­gen Auf und Ab der Impulse. Nichts ist beständig, alles fließt. Ein ewiger Tanz.

Kommen wir nun zum Menschen zurück, so läßt sich feststellen, daß er in seiner materiellen Struktur natürlich auch ein wellenförmiges Energiesystem dar­stellt, daß wir bloß nicht als solches erkennen, weil wir darauf fixiert sind, bestimmte Wellenfrequenzen als fest und wirklich anzusehen und andere als immateriell und vielleicht als unwirklich. Damit haben wir auch eine physi­ka­li­sche Begründung für die Ansicht von Esoterikern wie Don Juan und vielen anderen, daß die uns bekannte Welt nur auf einer bestimmten gewohnheits- und erbbedingten Perspektive beruht.

Nur weil wir glauben, daß das, was wir sehen und fühlen können, das ein­zig Reale ist, nehmen wir an, daß die Welt aus voneinander abge­trennten kompakten Dingen besteht, die in Raum und Zeit verstreut sind. Wenn wir sehen könnten, wie die Materie in Wahrheit zittert und vibriert und wie sie sich über ihren scheinbaren Rand hinaus mit anderen Energiewellen überlagert, dann würden wir vermutlich eine andere Ein­stellung zur Wirklichkeit bekommen, die der esoterischen schon sehr nahe wäre.

Betrachten wir den Menschen also als komplexes Wellenbündel, sozusagen als wandelndes Kraftpaket, in dem kreuz und quer alle möglichen Wellen und Vibra­tionen überlagert und moduliert werden, wobei seine einheitliche Gestalt in erster Linie daherrührt, daß er ausschließlich aus im wesentlichen identischen Zellen besteht, die hauptsächlich auf derselben Wellenlänge funken. Natürlich gibt es feine Unterschiede, die im Endeffekt dazu führen, daß jeder Mensch genauso wie jedes ander Energiesystem über eine individuelle Gesamtfrequenz verfügt, die das Ergebnis der Überlagerung (Interferenz) aller Vibrationen und Schwingungen seiner Körperbestandteile ist. Die Gesamt- oder Eigenfrequenz ist ebenso unverwechselbar wie der Fingerabdruck oder die Eiweißstruktur.

Man kann sogar sagen, daß sie die Grundlage für die verschiedenen Erken­nungs­möglichkeiten von Individuen ist. Sie ist der innere Pulsschlag, der sich über­all, auch in der kleinsten Regung, bemerkbar macht. Alles, was ein Mensch sagt, denkt, tut wird bestimmt durch diesen mächtigen Rhythmus, der sein Inner­stes durchpulst. Selbst das Aussehen und die gesundheitliche Verfassung sind das Ergebnis dieser Gesamtfrequenz bzw. wirken wechselseitig aufeinander ein.

Der Musiker und Wissenschaftler Manfred Clynes hat einmal versucht, die Klassiker Mozart und Beethoven über ihre Werke auf ihren inneren Pulsschlag zu überprüfen. Als Ergebnis erhielt er zwei unverwechselbare Kurven, die sich in allen Werken wiederfand (Leonhard, G.: a.a.O., S. 84).

Daß der Mensch letztlich aus Schwingungen besteht, die sein ganzes Wesen ausmachen, läßt sich auch eindrucksvoll anhand seiner Mikrobewegungen beweisen, die er während eines Gesprächs oder besser gesagt einer Interaktion mit einem oder mehreren Partnern hat. Dem Mediziner W. Condons gelang es vor einiger Zeit durch Bewegungsanalysen mit Hilfe eines Films, die Vorstel­lun­gen, die wir im allgemeinen über das Geschehen zwischen Sprecher und Zuhörer haben, vollkommen zu zerstören.

Er filmte beispielsweise ein Gespräch zwischen zwei Personen und fertigte anschließend Bewe­gungs­analysen an, in dem er die einzelnen Bilder des Films mit den jeweiligen Bewegungen des Sprechers verband. Er ging dabei so weit, die Sätze und Wörter bis in einzelne Silben oder gar Buchstaben zu zerlegen, um somit auch die kleinste Bewegung, er nennt sie Mikrobewegung, zu erfassen.

Es stellte sich heraus, daß die Mikrobewegungen des Sprechers präzise mit den Teileinheiten seiner Worte synchronisiert sind. Zum Beispiel bewegt sich in dem nur 3/48 Sekunden langen Zeitraum, der gebraucht wird, um den Laut „ae“ auszusprechen, der Kopf des Sprechers nach links und etwas nach oben, während seine Augen ruhig bleiben. Der Mund schließt sich und schiebt sich nach vorne. Vier Finger krümmen sich, und die rechte Schulter dreht sich leicht nach innen.

Alle diese Bewegungen bilden eine geschlossene Einheit. Mit dem Beginn der zweiten Lauteinheit, die mit dem phonetischen Zeichen „E“ bezeichnet ist, setzt ein zweites, deutlich unterscheidbares Bündel von Bewegungen ein und so weiter. Diese winzigen Bewegungseinheiten spielen sich innerhalb größe­rer Einheiten ab, die wiederum Teil größerer Einheiten sind, bis hinauf zu den konventionellen, sichtbaren Gesten des Sprechers, die uns allen vertraut sind.

Alle Bewegungen, seien sie nun kurz oder lang folgen dem gleichen Takt und verbinden Silben, Worte und Sätze in vollkommener Rhythmik mit dem Tanz des Körpers (Leonhard, G.: a.a.O., S. 84).

Während dieses Ergebnis der Untersuchungen von Condons zwar sehr inte­res­sant, aber noch ohne weiteres nachvollziehbar ist, werden wir im ersten Moment von dem zweiten Ergebnis aus der Analyse desselben Gesprächs verblüfft. Es zeigte sich nämlich, daß sich auch der Zuhörer völlig überein­stim­mend mit dem Sprach- und Bewegungsmuster des Sprechers verhielt. Das Überraschende ist dabei, daß zwischen den Mikrobewegungen des Sprechers und des Zuhörers kein zeitlicher Unterschied festzustellen war! Die Bewegungen verliefen abso­lut synchron, als ob der Zuhörer schon vorher wußte, was der Sprecher aus­drücken würde.

„Auch dies scheint ein universelles Charakteristikum der menschlichen Kommunikation zu sein, welches vielleicht sogar für einen Großteil des tierischen Verhaltens im allgemeinen kennzeichnend ist. Die Kommu­nikation ist somit eine Art von Tanz, bei dem alle Beteiligten synchron differenzierte Bewegungen ausführen, die viele subtile Dimen­sionen um­fassen, seltsamerweise jedoch, ohne sich dessen bewußt zu sein. Selbst einander vollkommen Fremde weisen diese Synchro­nisie­rung auf.“ (vgl. Condon, W.S.: Multiple Response to Sound in Dysfunctional Children, zitiert nach Leonhard, G.: a.a.O., S. 31)

Selbst wenn der Zuhörer sich sichtbar weniger bewegt, läuft innerhalb von ihm die Synchroni­sierung weiter, da er sobald er wieder anfängt sich zu bewegen, genau mit der Artikulationsstruktur des Sprechers übereinstimmt.

Damit haben wir einen ersten wichtigen Fingerzeig, der uns etwas über das tat­säch­liche Verhal­ten und Zusammenwirken von einzelnen Systemen sagt. Nicht Aktion und Reaktion bestimmen offensichtlich das Geschehen; vielmehr ist es so, daß wie in diesem Fall nicht der Zuhörer auf den der Sprecher reagiert, sondern daß er gewissermaßen ein Teil des Sprechers ist und mit diesem eine Einheit bildet. Wie das möglich ist, haben wir schon ansatzweise erwähnt. Das Über­la­gern von Wellen wird uns aber gleich noch ausführlich beschäftigen. Der Mensch, so können wir zusammenfassend feststellen, besteht wie die ge­samte Ma­te­rie aus einheitlichen wellenförmigen Energiesystemen, die über jeweils eigene Frequen­zen verfügen; diese Individualfrequenzen können sich jedoch bei Interaktionen mit anderen Systemen synchro­nisieren und es entsteht eine neue Einheit auf einer komplexeren Ebene. Aus dieser Perspektive kann die Welt als ein riesiges Kraftfeld angesehen werden, in dem es zu lokalen Verdich­tungen kommt, die mal schneller oder langsamer pulsieren, größer oder kleiner werden; aber alle einheitlich strukturiert sind.

3.2 Die Einheit aus der Vielfalt

 

Der Einheitsgedanke, das Aufheben des Getrenntseins ist wie schon gesagt eine zentrale Vorstellung innerhalb des esoterischen Weltbildes. Sie ist die Essenz des mystischen Erlebnisses, die Erleuchtungserfahrung des buddhistischen Zen-Schülers und zeigt sich im SEHEN des Wis­sen­­den bei Carlos Castaneda. Alle Din­ge stehen in einem wechselseitigen Abhängig­keits­prozeß und sind nicht aus sich selbst.

Unsere wissenschaftlich untermauerte Feststellung, daß sich alle materiellen Ob­jekte aus Wellenbündel zusammensetzen, ist aus esoterischer Sicht ein wichti­ger Beitrag zur fundamenta­len Einheit des Universums. Der Einheits­ge­dan­ke um­faßt aber auch die allumfassende Beziehung zwischen den Teilen und da­rauf wollen wir jetzt ausführlich eingehen.

Wellen haben naturgemäß die Eigenschaft, sich, wenn möglich, nach allen Sei­ten auszudehnen, wobei die elektromagnetischen Wellen, zu denen auch das Licht gehört, sich mit Lichtgeschwin­digkeit fortpflanzen. Wenn wir in unserem Wohnzimmer das Licht anknipsen, schließen wir einen Stromkreis, der nicht nur den beabsichtigten Stromfluß in Gang bringt, sondern auch ein Magnetfeld er­zeugt, daß sich mit der genannten Lichtgeschwindigkeit von ca. 300.000 km/sek. bis ans Ende des Universums fortpflanzt.

Da jedes System, in dem ein Strom fließt, ein derartiges Magnetfeld erzeugt, kann man sich vorstellen, in welch einem Wirrwarr von Wellen der ver­schie­de­nsten Frequenzen der Mensch sich bewegt. Natürlich nimmt die Energie dieses Feldes mit der Zeit ab, aber ganz kann es nie verschwinden.

Wir werden also ständig bombardiert, als erstes natürlich von der Sonne, dann aus den Tiefen des Weltalls von Millionen und Milliarden Lichtjahren entfernten Sternen und Galaxien; aber auch hier auf der Erde vom Strahlungsfeld des eigenen Planeten und besonders von allen bioelektrischen Aktivitäten wie sie in den Nervenzellen, aber auch in den gewöhnlichen Zellen permanent ablaufen.

Eine Körperzelle ist vollgestopft mit sogenannten Ionen, elektrisch geladenen Atomen, die ständig kommen und gehen und damit einen Stromfluß sowie ein Magnetfeld entstehen lassen. Jeder Gedanke, jedes Gefühl löst eine Serie von Ladungen und Entladungen aus bzw. ist deren Ergebnis und erzeugt ein Magnetfeld, daß keineswegs auf den Dunstkreis des Menschen beschränkt bleibt, sondern fast gleichzeitig überall auf der Erde zu vernehmen wäre, wenn es Instrumente oder andere Einrichtungen gäbe, die dieses spezifische Signal wahrnehmen könnten.

Jemand, der in der Lage ist, diese Botschaft zu entziffern, könnte möglicherweise sogar eine Reise in die Vergangenheit unternehmen, ohne allerdings sich besonders weit zu entfernen. Diese Zeitreise ist im Prinzip möglich, weil in unserem Universum keine Information verloren geht, d.h. irgendwo müssen die Wellen, die Auskunft über den jeweiligen Vergangenheitsaspekt geben können, sein. Allerdings braucht man sie nicht in entfernten Galaxien zu suchen, denn sie sind überall.

Um diese Behauptung zu untersuchen, stellen wir uns einmal vor, daß wir nicht einen Stein, sondern gleich 3 Steine, sogfältig voneinander getrennt, zum Bei­spiel in eine Wasserschale werfen. Was passiert?

Jeder Stein wird zunächst ruhig seine Wellen bilden. Plötzlich kommt es zu einer Störung. Von den jeweils anderen Steinen treffen die Wellen zusammen, kreuzen und überlagern sich, wie es sich für richtige Wellen gehört und es entsteht ein bestimmtes Muster von Wellen, das Interferenzmuster. Wenn wir dieses Muster in einem gegebenen Augenblick untersuchen würden, könnten wir jeden Berg und jedes Tal auf seine Ursprungswelle und damit auf den geworfenen Stein zurückverfolgen (Bentov, I.: Töne-Wellen-Vibrationen, München 1984, S. 126).

Jedes Ereignis, das jemals Wellen geschlagen hat, läßt sich zumindest theoretisch deshalb anhand der Spuren, die es bei der Überlagerung mit anderen Wellen hinter­lassen hat, wieder auffinden und nachvollziehen. Das mit fast wissenschaftlicher Akribie betriebene Fährtenlesen von Trappern und Indianern im vergangenen Jahrhundert oder die müselige Rekonstruk­tions­arbeit geschichtlicher Abläufe von Archäologen anhand fossiler Funde ist ein passendes Bild für diese theoretische Möglichkeit.

Nehmen wir einmal an, daß wir unser künstlich erzeugtes Muster in einem bestimmten Moment einfrieren könnten, um es danach mit einer Lichtquelle zu durchleuchten; zu unserer größten Überraschung würden dann die drei Steine mitten im Raum schweben, d.h. wir hätten ein Hologramm geschaffen, das seit einigen Jahren in der Technik verwendet wird. Die Eisplatte würde sich als Informationsspeicher erweisen, der zudem noch die Eigenschaft besitzt, falls er aus irgendwelchen Gründen zersplittert, daß jedes Teil von ihm immer noch die gesamte Informa­tion, wenn auch unscharf, enthalten würde. Dies hängt mit der bereits oben genannten Tatsache zu­sam­men, daß jeder Wellenbogen, egal an welcher Stelle, zu seinem Ursprungsort zurück­verfolgt werden kann.

Um es noch einmal deutlicher zu sagen: Die drei Steine, die wir durch die Eisplatte hindurch sehen könnten, existieren natürlich nicht wirklich. Zumindest nicht so, wie sie außerhalb der Eisplatte existieren. Sie sind lediglich ein drei­dimen­sionales Foto, daß aus den Informationen zusammengebaut ist, die sich in der Eisplatte wie in einem Film befinden. Das Interessante dabei ist, daß wir eigent­lich überall und jederzeit eine derartige Platte herstellen könnten und wir wür­den im Extremfall die Geschichte unseres Universums darin verfolgen können.

Das uns hierzu die notwendigen Meßinstrumente fehlen, ist natürlich klar. Allerdings stellt sich die Frage, ob wir unsere diesbezüglichen Möglichkeiten tatsächlich schon erschöpft haben.

Die Bedeutung von Hologrammen hat sich nicht nur in der technischen An­wen­dung erwiesen – dort wird mit sogenanntem kohärenten Laserlicht, Spiegeln und dergleichen gearbeitet – auch in der DNS jeder Zelle finden wir die Information über den gesamten Körper, d.h. aus der schäbigsten Hautzelle könnten wir einen kompletten Menschen klonen.

Daß die Funktion des Gehirns auch bei größeren Unfällen nicht wesentlich beeinträchtigt sein muß, wenn beispielsweise wie bei Krankheiten umfangreiche Teile des Gehirns lahmgelegt sind, wird darauf zurückgeführt, daß das Gehirn auch nach dem Hologrammprinzip arbeitet, d.h. die gespeicherten Erinne­run­gen und Fähigkeiten sind nicht lokal abgegrenzt nach dem Schubladen-System im Gehirn eingeordnet, sondern im Prinzip überall verfügbar.

Immer dann, wenn sich die Wellen wenigstens zweier Systeme schneiden, entsteht ein Holo­gramm oder besser Holonom, d.h. in dem Interferenzmuster ist die gesamte Information über diese Systeme, also zum Beispiel ihre Frequenz, ihre Raumkoordinaten, usw. enthalten. Wenn wir uns nun vorstellen, daß diese Interferenz schon bei den kleinsten möglichen Energiesystemen beginnt, nennen wir sie nun Quanten oder Quarks, aus denen sich alle anderen Systeme auf­bau­en, so läßt sich unser Universum als ein Kraftfeld oder Wellenmuster beschreiben, das wie ein riesiges Holonom konstruiert ist, in dem jedes seiner Teile die Information über das Ganze beinhaltet.

Das bedeutet, daß alles mit jedem vollständig und unlösbar miteinander verbunden ist, daß jeder Mensch die Einheit allen Seins in sich trägt und das Erleuchtung nichts anderes ist als das Bewußtsein dieser Einheit.

In diesem Zusammenhang können wir nun wieder auf die Bewegungsanalysen des Mr. Condon zurückkommen. Der Zuhörer ist tatsächlich ein Teil des Spre­chers, weil er mit ihm ein Interferenz­muster bildet, daß die Eigenfrequenz beider Menschen beinhaltet und dadurch synchronisiert. Sie bilden sozusagen ein neu­es System, dessen Teile in Resonanz schwingen und nach außen mit einer durch Überlagerung entstandenen veränderten Gesamtfrequenz auftreten.

Diesen Fall haben wir z.B., wenn jemand in eine fröhliche Runde gerät und sich seine Laune sehr schnell angleicht. Wenn der Unterschied zwischen den beiden Eigenfrequenzen allerdings zu groß ist, also jemand stocknüchtern und vielleicht noch depressiv ist, wird er sich vermutlich von der angeheiterten Gruppe abge­stoßen fühlen und bald wieder verschwinden.

Damit zwei Systeme zueinander in Resonanz kommen, müssen sie sich ähnlich sein, d.h. füreinander eine Entsprechung haben. Das gilt für die Moleküle der Retina im Auge und die ankommenden elektromagnetischen Wellen genauso wie für Pendeluhren, die nebeneinander nach einiger Zeit im gleichen Takt schwingen wie eben auch für Menschen, die über ähnliche Interes­senlagen und Charaktereigenschaften verfügen müssen, wenn sie sich längere Zeit verstehen wollen.

Condon konnte sogar feststellen, daß ein neugeborenes Kind ebenfalls in seinen Bewegungen mit dem Sprachrhythmus der Mutter synchronisiert ist, ob nun die Mutter Englisch, Chinesisch oder Suaheli sprach (Leonhard, G.: a.a.O., S. 32).

Die außerkörperliche Einheit von Mutter und Kind bleibt offensichtlich auch nach der Geburt erhalten.

Wenn wir rekapitulieren, dann können wir sagen, daß die Welt deshalb eine Einheit darstellt, weil nicht nur alle Teile sozusagen aus demselben Stoff sind, nämlich Energie, sondern weil sie auch in einem umfassenden Beziehungs­ge­flecht so miteinander verbunden sind, daß jedes Teil aufgrund seiner holonomischen Struktur die Einheit des Ganzen repräsentiert.

Etwas ist allerdings dabei zunächst unverständlich. Wenn jedes Teil das Ganze beherbergt, letztlich also das Ganze selbst ist, wieso können wir dann einzelne Teile voneinander unter­scheiden? Konkret gefragt, wie kommt es zu einer Eigen­frequenz, wenn der Rhythmus des Kosmos in uns pulsiert?

Dieses Problem ist uns schon beim Dualismus Teilchen-Welle begegnet. Unsere Denk­weise ist auf das Entweder-Oder ausgrichtet, also auf gegensätzliche Betrach­tungen. Entweder ist es hell oder dunkel, hoch oder tief, vergangen oder zu­künftig, Teilchen oder Welle. Anders sind wir gar nicht in der Lage, unsere Wirklichkeit zu erkennen. Wirklichkeit ergibt sich für uns nur aus Objekten, die sich voneinander unterscheiden und zudem mit unseren Wahrnehmungs­or­ga­nen in Resonanz stehen. D.h. wenn wir annehmen, daß in jedem Teil gleich­zeitig das Ganze repräsen­tiert ist, dann nehmen wir es deshalb nicht wahr, weil das Ganze nicht in sich unterscheidbar ist, sondern eben nur Teile davon, und zwar diejenigen, für die wir, sei es materiell oder geistig (auch wieder ein Dualis­mus), eine Entsprechung haben.

Das Teil, das wir wahrnehmen, stellt deshalb vermutlich nicht einmal die halbe Wahrheit dar. Es ist nur der Ausschnitt, den wir für das Ganze halten. Nichtsdestoweniger ist das Ganze ständig vorhanden; wir erkennen es nur nicht, weil unser Bewußtsein dazu nicht in der Lage ist bzw. sich damit nicht be­schäftigt.

Ein Beispiel: Wenn wir eine Tischplatte aus Holz aufmerksam betrachten und sie mit Sachverstand prüfen, werden wir feststellen, daß sie z.B. Teil einer Eiche ist. Anhand der Jahresringe könnten wir sehen, ob die Eiche ein bestimmtes Min­destalter erreicht hat und wie sie zwischen den Jahren gewachsen ist, was auf einen entsprechenden Boden, lichter Standort, günstige Witterung und ge­sun­de Luft schließen läßt.

Wir hätten damit eine Aussage über den Wald und die Region, in der die Eiche ge­standen hat und wir könnten sogar eine globale Aussage machen, daß näm­lich irgendwann in der Vergangenheit, dort wo die Eiche gestanden hat, ein Wech­­sel der Jahreszeiten stattgefunden hat, was wiederum auf das Verhältnis zwi­­schen Erde und Sonne schließen läßt, usw. Sicherlich könnte man noch eine Men­ge über diese Eiche sagen, wenn man das Holz selbst untersuchte bzw. es ließen sich Feststellungen darüber treffen, wie und wann die Platte behandelt wur­de.

Vermutlich ließe sich bei genauester Prüfung ein ganzer Roman über dieses Eichenstück schreiben, obwohl wir doch nur eine simple Tischplatte vor Augen haben. Genauso würde es uns mit anderen Dingen ergehen, die wir achtlos benutzen, obwohl sie uns eine ganze Geschichte erzählen könnten. Eine allumfassende Geschichte, die bis zum Beginn unseres Universums zurück­rei­chen könnte und zwar ohne, daß wir eine mystische Erleuchtung haben. Natür­lich müßten wir für diese Erkenntnis eine ganze Menge lernen und arbeiten, aber auch eine Erleuchtung gibt es nicht umsonst.

Wir können einmal versuchen, uns eine Welt vorzustellen, die keine Gegensätze hat. Wie sieht eine Welt aus, die sowohl hell als auch dunkel ist? Um eine solche Welt zu betrachten, brauchen wir uns quasi nur eine Stufe höher zu stellen und die Erde z.B. aus der Mondperspektive zu beobachten. Dann können wir gleich­zeitig Licht und Schatten sehen, und zwar auf der gleichen Erde, die norma­ler­weise unsere Welt darstellt.

Auch Höhe und Tiefe sind relative Begriffe. Ein Flugzeug kann gleichermaßen hoch wie auch tief fliegen, je nachdem welchen Bezugspunkt man nimmt. Es gibt keine absoluten Wahrheiten, alles ist austauschbar und voneinander ab­hän­gig.

Eine Welt, in der alle Gegensätze nur die Pole auf derselben Meßlatte oder Medaillie darstellen, mag für Parameter wie Licht und Schatten oder Höhe und Tiefe noch vorstellbar sein. Schwieriger wird es, ein- und dasselbe Ereignis so­wohl als zukünftig wie auch als vergangen zu betrachten.

Über die Relativität von Raum und Zeit haben wir schon im Kapitel 2.4 einiges gehört. In diesem Zusammenhang ist ein interessantes physikalisches Denk­modell erwähnenswert, daß uns auch die Einheit von Esoterik und Exoterik deut­lich vor Augen führt.

 

3.3 Die Linien der Raumzeit

„Ich werde dir das womöglich größte Wissen mitteilen, das man über­haupt in Worte fassen kann“, sagte Don Juan zu Carlos. „Wir wollen sehen, was du damit anfangen kannst. Weißt du, daß dich genau in diesem Moment die Ewigkeit umgibt?“ Dann zeigt Don Juan in verschiedene Richtungen und erklärt: „Hier ist die Ewigkeit oder dort. Weißt du, daß du dich in jede der Richtungen, in die ich gezeigt habe, auf ewig ausdehnen kannst? Weißt du, daß ein Augenblick die Ewigkeit sein kann?“ (Castaneda, E.: Der Ring der Kraft, a.a.O. S. 16)

Carlos Castaneda kann mit diesem Wissen nichts anfangen, genauso wenig wie wir auch. Was heißt das, „uns umgibt die Ewigkeit“ oder „wir können uns auf ewig ausdehnen“? Steht die Zeit in Wirklichkeit still und ist unser persönlicher Wirkungskreis unendlich?

Daß unsere Aktivitäten einen größeren Radius haben, als wir es uns gewöhnlich vorstellen, wurde schon im letzten Kapitel erläutert. Wie sieht es aber mit der Zeit aus?

Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, was wir im zweiten Kapitel über die Zeit festgestellt haben. Zeit, so sagten wir, ist letztlich Bewegung, d.h. eine Funktion der Umwandlungsprozesse in jedem Energiesystem. Gleichzeitig mußten wir akzep­tieren, daß diese Bewegung offensichtlich im Zusammenhang mit der Raum­krümmung steht, d.h. je gekrümmter der Raum ist, desto langsamer vergeht die Zeit aus der Sicht eines Beobachters.

Zeit und Raum bedingen sich also. Damit fällt sowohl die Vorstellung, daß es eine absolute Zeit gibt, die überall gleichmäßig verläuft ebenso unter den Tisch wie die Idee des absoluten Raumes, in dem wie in einem Gefäß die Objekte ihren Weg gehen. Was wir heute als Gegenwart em­pfin­den, kann für andere schon längst Vergangenheit sein und wenn wir ein Signal zum nächstgelegenen Stern schicken, dann ist unsere Aktivität für die möglichen Empfänger ein zukünftiges Ereignis. In diesem Sinne kann ein Ereignis, nämlich das gerade abgesandte Signal sowohl vergangen als auch gleichermaßen zukünftig sein.

Hermann Minkowski konnte 1908 zeigen, wie sich die gegenseitige Abhän­gigkeit von Raum und Zeit in einem neuen vierdimensionalen Modell der Raum­zeit darstellen ließ. Die Bewegung eines Objektes durch die Raumzeit stellte er sich als eine Linie vor, wie sie in der folgenden Zeichnung abgebildet wird (Davies, P.: Mehrfachwelten, Köln 1981, S. 49):

Diese Linie symbolisiert quasi den gesamten Lebenslauf eines Objektes, wobei jede Beschleunigung eine Krümmung der Linie in Richtung Raum zu folge hat. D.h. bei maximaler Beschleunigung dehnt sich das Objekt bis ins Unendliche aus, wobei die Zeit still steht.

Um diesen Effekt zu beschreiben, lassen wir jemanden mit der zwar kaum reali­sier­baren, aber durchaus möglichen Geschwindigkeit von etwa 40.000 km/sek. über die Erde fegen. Diese hohe Geschwindigkeit hätte zur Folge, daß er sozusagen von Augenblick zu Augenblick überall auf der Welt auftauchen könnte. Er wäre allgegenwärtig geworden, was insbesondere bei noch höheren Ge­schwindigkeiten, die unser Verstand nicht mehr fassen könnte, noch deut­li­cher wird. Für einen Beobachter, aber auch für sich selbst hätte er sich aus­ge­dehnt, und zwar so weit, wie es seine Geschwindigkeit zuläßt.

Die Lichtgeschwindigkeit wird als physikalische Obergrenze für Objekte ange­sehen; es gibt aber etwas, was weit darüber hinaus führt. Schneller als das Licht ist unser Bewußtsein, unser Geist, der an jedem nur denkbaren Punkt in Null-Zeit auftauchen kann und damit nicht nur allgegenwärtig, sondern auch zeitlos ist. Wenn also Don Juan von ewiger Ausdehnung spricht, dann meint er unseren Geist, der tatsächlich omnipotent ist und, darauf weisen die Esoteriker immer wieder hin, von ewiger Gültigkeit.

Minkoski und andere Vertreter der relativistischen Physik zu denen auch Einstein gehörte, gehen davon aus, daß in der Welt der Raumzeit alle Ereignisse und alle Dinge tatsächlich schon vorhanden sind. Vergangenheit und Zukunft sind genauso gegenwärtig wie die Gegenwart selbst. Dinge ereignen sich nicht, sondern sie sind und zwar entlang ihrer ausgedehnten Weltlinie. Sie postu­lie­ren einen vierdimensionalen Raum, eben das Raumzeitkontinuum, der sich lediglich auf die „Unterräume“ Raum und Zeit projiziert und damit den subjektiven Eindruck erweckt, als bewege sich das Objekt durch die Zeit (Davies, P.: a.a.O., S. 2).

Man kann sich dieses Modell vielleicht so vorstellen, als ob auf einer Leinwand ein Film ablaufen würde, auf dem unser gesamtes Leben und natürlich auch die Geschichte der anderen Objekte aufgezeichnet ist. Wir sind die Objekte auf der Leinwand und irgendwer schaut sich amüsiert unsere krampfhaften Bemühun­gen an, unser Leben zu meistern, während es schon längst vorgegeben ist.

Wenn auch dieses phantastische Modell von ernstzunehmenden Wissenschaft­lern vertreten wird, so wirft es doch eine Menge Fragen auf, die uns buchstäblich unter die Haut gehen. Die wichtigste ist wohl die, wo in einer determinierten Welt der freie Wille bleibt, mit dem wir nach unserer Meinung unsere Geschichte weitgehend selbst bestimmen.

Über den freien Willen ist schon viel geschrieben und gesagt worden; meistens wurde er verteidigt, weil jede andere Deutung die Stellung des Menschen im Kosmos als einzigen Vertreter dieses freien Willens untergraben würde. Und wer stürzt sich schon selbst gern vom Sockel?

Auch hier spielt uns wieder unser beschränktes Denkvermögen einen Streich. Entweder sind wir frei oder unfrei. Daß wir sowohl frei als auch unfrei sein könn­ten, kommt uns nicht in den Sinn, weil wir vornehmlich nur in Dualismen denken. Wie sieht die holistische Perspektive aus, d.h. die Sichtweise, die ver­sucht, ganzheitlich von einer höheren Ebene die Zusammenhänge zu er­gründen?

Der Mensch wird in eine bestimmte soziale Umwelt geboren, die sein Denken und Verhalten entscheidend beeinflußt. Von Anfang an heißt es: Du darfst das nicht und du sollst jenes tun. Gesetze, Verbote, Strafen, aber auch Lust, Befrie­digung, Belohnung kennzeichnen den Entwick­lungs­weg. Wie ein Automat han­deln die meisten nach dem Prinzip der Optimierung ihrer eigenen Wohlfahrt. Kaum jemand denkt einmal darüber nach, wie er dazu kommt, sich gerade so und nicht anders zu verhalten. Wir sind eingezwängt in ein Gespinst von gesell­schaft­lichen Normen und persönlichen Werturteilen und Bedürfnissen, die teil­weise vererbt und teilweise anerzogen bzw. manipuliert sind. Solange wir uns deshalb ohne eine bewußt-kritische Entscheidung so verhalten, wie es die Außenwelt erwartet oder unser Körperbewußtsein verlangt, müssen wir als unfrei gelten.

Immer dann, wenn wir unbewußt oder unkontrolliert auf bestimmte Rei­ze reagieren, z.B. „Morgen ist Sonntag, da gehen wir in die Kirche“ oder „Immer, wenn ich dein Bild betrachte, werde ich ganz traurig“ stellen wir unseren freien Willen zur Seite und überlassen uns den zwanghaft ablaufenden Automatismen. Wir haben aber jederzeit die Möglichkeit, uns dabei zu beobachten und zu fragen, w i e  wir und vor allem   w a r u m  wir traurig werden oder in die Kirche gehen, usw. Das Bild oder der Sonntag sind nur Auslöser der Mechanismen. In dem Maße, in dem wir uns über unser Ver­halten klar werden, haben wir die Chance, uns von den Zwängen zu lösen und sind frei. Diese Art des Analysie­rens und Freilegens unterbewußter Vor­gänge ist eine gängige Methode der Psychotherapie, auf die wir noch zu sprechen kommen. In diesem Sinne sind wir sowohl unfrei (eingebunden in unbewußt ablaufende Denk- und Verhaltensmechanismen) als auch frei, uns davon zu lösen.

Kehren wir zum Problem des determinierten Zeitablaufs zurück. Liegt die Zukunft schon fest oder nicht? Wieder ein Gegensatz. Auch die Antwort ist wieder gleich: Sowohl als auch. Wenn wir in der Zeit zurückblicken und dann den Ablauf der Ereignisse bis heute verfolgen, dann könnten wir auch eine Linie ziehen, die von einem Erlebnis zum anderen auf der Zeitachse voranschreiten würde. Jeder von uns lebt im Moment in einer Situation, die das Ergebnis der vorangegangenen Ereignisse und Ent­scheidungen ist und voraussichtlich werden die nächsten Tage und Wochen so ähnlich verlaufen, d.h. das, was wir erleben, hängt immer mit den Ereig­nis­sen zusammen, die in der Vergangenheit passierten.

Wenn wir zum Beispiel gedankenverloren über die Straße gehen und von einem Auto angefahren werden, dann liegt der Grund dafür eben darin, daß wir einen Augenblick nicht aufgepaßt und im nächsten Augenblick dieses Erlebnis haben. Wir können also sagen, daß von einem Zeitpunkt zum anderen eine bestimmte Verbindung besteht, die wir auch als Ursache-Wirkungs-Prinzip kennen. Natür­lich besteht auch die Möglichkeit, daß in der Luft ein Flugzeug explodiert und die Trümmer auf uns herabfallen. Dann handelt es sich um den berühmten Zufall oder, was das gleiche sein kann, um eine Verbindung, die wir (noch) nicht ken­nen. Am Ursache-Wirkung-Prinzip ändert sich aber nichts.

Nehmen wir einmal an, es gäbe kein Zufall. Wäre dann die Welt determiniert? Ja und Nein. Unsere Zukunft wäre vorherbestimmt in dem Maße wie wir unseren freien Willen nicht gebrau­chen, sondern uns den beschriebenen gesell­schaft­lichen und körperlichen Zwängen aussetzen. Je unbewußter wir leben, je mehr wir Automaten und Marionettenpuppen gleichen, desto vorher­be­stimmter ist unser Schicksal.

Ein Beamter auf Lebenszeit kann sich genau ausrechnen, wann er befördert wird, wieviel Geld er mit 50 Jahren verdient, wieviele Kinder er ernähren kann, usw. Sein Lebenslauf ist in der Regel programmiert. Je bewußter und kontrollier­ter wir uns dagegen jeweils entscheiden und verhal­ten, desto weniger unter­lie­gen wir irgendwelchen Zwängen, die unsere Zukunft be­stimmen. Wenn wir kei­ne Angst davor haben, mit 60 Jahren keine ausreichende Rente zu bekom­men, wenn wir vielleicht sogar keine Angst vor dem Tod haben, weil wir uns von diesen psychischen Mechanismen befreit haben, dann ist unsere Zukunft weit­gehend unbestimmt. Wir leben frei wie ein Vogel und lassen uns mit dem Wind dahintreiben. Die Windrichtung und eventuell auftretende Hindernisse auf unserem Weg können wir aber nicht immer vorhersehen. Der Zufall tritt auf den Plan. In der Physik wird er als elementare Unbe­stimmt­heit bezeichnet, was soviel heißt, daß in der Welt des Allerkleinsten die Möglichkeiten der Wissen­schaft­ler versagen, exakte Messun­gen vorzunehmen.

Einige Physiker haben aufgrund der experimentellen Ergebnisse der Quanten­physik Theorien entwickelt, die nicht nur den Zufall, sondern auch das Bewußt­sein ins rechte Licht rücken. Esote­risch gesehen kommt die Physik damit den seit Jahrtausenden gepredigten Ansichten und Einsichten der Magier, Mystiker und Weisen immer näher. Man gewinnt sogar den Eindruck, als ob die Wissen­schaft­ler von rechts überholen würden.

Ohne den Zufall, so können wir zusammenfassend festhalten, ist unsere Zukunft nur solange determiniert, wie wir uns als Automaten verhalten. Lösen wir uns von diesen Zwängen, sind wir frei und unbestimmt. Gibt es den Zufall denn nun wirklich oder wissen wir einfach nur zu wenig über die wahren Zusammenhänge?

 

3.4 Der Hyperraum

Über die Quantentheorie wurde in diesem Buch schon einige Male gesprochen. In einer groben Annäherung kann gesagt werden, daß sie die klassische Vorstellung von unzerstörbaren Elementarteilchen, aus denen unsere Welt bestehen soll, wie es schon die alten Griechen vom Atom angenommen haben, aufhebt.

„Teilchen können in andere Teilchen umgewandelt werden; sie können aus Energie entstehen und in Energie verwandelt werden. Das ganze Universum erscheint als dynamisches Gewebe von untrennbaren Energiestrukturen.“ (Capra, F.: a.a.O., S. 80)

Damit haben wir uns schon auseinandergesetzt. Es gibt aber noch einige andere Aspekte, die für uns in diesem Zusammenhang von Interesse sind.

Paul Davies, ein bekannter Professor für theoretische Physik, gehört zu den weni­gen Fachleuten seines Gebietes, die in der Lage sind, die Probleme der Quan­ten­physik auch dem Laien einigermaßen verständlich zu machen. Sein vorzüg­liches Buch „Mehrfachwelten“ beschäftigt sich mit einigen Theorien über die Wirklichkeit, die auf der Grundlage quantenphysikalischer Experimentalergeb­nisse aufbauen, die jeden Esoteriker in Entzückung versetzen.

Wenn man einen Elektronenstrahl durch zwei parallel verlaufene Spaltöffnungen jagt und dahinter einen Schirm aufstellt, entsteht nicht das Abbild dieses Doppel­spaltes, sondern ein Interferenzmuster aus abwechselnd hellen und dunklen Zonen. Das scheint nicht ungewöhnlich zu sein und ergibt sich, wie man meinen sollte, aus der Wellennatur der Elektronen, die sich hinter den Spaltöffnungen überlagern. Schickt man jedoch einzelne Elektronen auf den Weg, entsteht auch ein Interferenzmuster, obwohl einzelne Elektronen ein derartiges Muster eigent­lich nicht bilden können.

Des Rätsel’s Lösung ist die Annahme, daß beide Möglichkeiten, nämlich der Flug des Elektrons durch den einen u n d gleichzeitig durch den anderen Spalt tatsächlich geschehen und sich gegen­seitig beeinflussen (Davies,.P.: a.a.O., S. 143).

 

Im Doppelspaltexperiment verhalten sich Teilchen wie Wellen und umgekehrt.

 

In unserer Wirklichkeit beobachten wir nur eine Flugbahn des Elektrons, realisiert werden beide. Daß wir die andere Bahn nicht beobachten können, hängt damit zusammen, daß sie nicht so wahrscheinlich ist. DAVIES geht nun in Anlehnung an die sogenannte Kopenhagener Deutung der Quantentheorie davon aus, daß es eine unendliche Anzahl von möglichen Elektronenbahnen und Wege gibt, nicht nur für ein willkürlich herausgesuchtes Elektron, sondern für alle Elektronen und Energiesysteme, die zu einer multidimensionalen Su­per­­welt mit unendlich vielen Möglichkeitswelten führen, aus denen durch unsere Beobachtung nur jeweils eine drei­dimensionale Projektion als die wahrscheinlichste herausgeschnitten wird.

Im Endeffekt erhalten wir einen „unendlich dimensionalen Hyperraum“, der zahl­­lose Welten der unterschiedlichen Partikelbahnen enthält und wo unsere Wahr­nehmung nur ein herausprojiziertes dreidimensionales Element ist.

Die Frage ist nun, existieren diese Myraiden von Welten „wirklich“ oder sind sie nur eine anschau­liche Beschreibung mathematischer Rechenkunststücke?

Sinn und Zweck der Physik war und ist es, ein objektives Modell der Wirklichkeit zu entwickeln, daß unabhängig von den Erfahrungen und der Gefühlslage des Beobachters ist. Stationen auf diesem Weg sind wiederholbare Experimente, Messungen mit Apparaten, mathematische Formu­lie­rungen, usw. Daraus ent­wickel­te sich das bekannte Newton’sche Bild der Realität, das jedem Teil seinen eindeutigen Platz im Universum zuweist, Zeit und Raum als gegeben betrachtet und andere Wirklichkeiten, insbesondere metaphysischer Art, von vorn­herein ausschließt.

Die Experimente der Quantenphysik aber zeigen, daß die Vorstellung von ein­deu­tigen Zustän­den, die sich unweigerlich ergeben, nicht haltbar ist. Die elementare Unbestimmtheit verhindert jede genaue Messung und zudem scheint es so zu sein, wie das Beispiel mit den Elektronen zeigte, daß die Wirklichkeit wesentlich vielschichtiger und mysteriöser ist als es manche Physiker heute noch nicht akzeptieren können.

Insbesondere die Beobachtung bzw. die Messung selbst schafft offen­sicht­lich erst die Wirklichkeit heran, die vorher nur in einer „schizophren erscheinenden Überlagerung vieler Welten“ verborgen liegt. Je nachdem wie der Beobachter die Messung durchführt (was auch die Struktur seiner Wahr­neh­mungsorgane einschließt) realisiert er damit eine ganz bestimmte Wirk­lich­keit.

„Wir stehen jetzt also vor der Situation, daß das Universum so lange in einem undefinierten Schwerbezustand verharrt, bis irgendjemand die eine oder andere Mes­sung durchführt. Dann erst bricht diese Vielfalt von Möglichkeiten zu einer Realität zu­sam­men… diese Verwirklichung der Wirklichkeit ist aber nicht nur lokal begrenzt (etwa auf ein Labor), sondern passiert gleichzeitig auch in entlegenen Regionen des Uni­ver­sums.“ (Davies,.P.: a.a.O., S. 142)

Demnach entwirft die Quantentheorie ein Bild, „nachdem zumindest vor einer Beobachtung das interessierende System nicht als Ansammlung einzelner Dinge betrachtet werden kann, sondern als unteilbares Ganzes angesehen werden muß.“ (Davies,.P.: a.a.O., S. 143)

Erst nach der Messung erhält ein Teilchen oder ein makroskopisches Objekt seine eigene Identität und eine unabhängige Existenz. J. Wheeler, auch ein versierter theoretischer Physiker, stellt ebenfalls fest: „Die Beobachtung wird damit zur Grundvoraussetzung der Realität“ (Wheeler, J. in Davies, P.: a.a.O., S. 145).

Man muß sich einmal klarmachen, was diese Aussagen eigentlich bedeuten. Die Welt existiert nicht wirklich, sondern nur wahrscheinlich, und zwar nicht nur in der uns gewohnten Erscheinung, sondern als Vermengung von Möglichkeiten, von denen erst dann eine real wird, wenn wir einen Blick darauf werfen. Wenn wir nicht hinsehen, gibt es keinen Hinweis dafür, daß z.B. ein bestimm­tes Ding auch weiterhin existiert. Wenn wir morgens aus dem Haus gehen, können wir nicht hundertprozentig sicher sein, daß das Haus mitsamt seinem Inhalt, auch eventuell dem Ehepartner, den Kindern, usw., weiterhin vorhanden sind. Wir glauben zwar, daß dies so ist, aber es gibt keinen Beweis dafür. Selbst wenn wir am Abend das Haus in etwa in dem gleichen Zustand wieder vorfinden, wie wir es morgens verlassen haben, bedeutet das nicht, daß es mit absoluter Sicherheit auch zwischendurch am gleichen Platz gestanden hat. Das klingt verrückt, aber anerkannte Wissenschaftler behaupten das.

Wenn wir glauben, was sie sagen, dann müssen wir auch den Esoterikern recht geben, die die Welt schon immer als Illusion abgetan haben.

Mit dieser quantenphysikalischen Deutung der Wirklichkeit haben wir auch noch einen zusätz­lichen Hinweis darauf, wie wir uns das Verhältnis zwischen dem Ganzen und seinen Teilen vorstellen können. Erst durch die spezifische Struktur unserer Wahrnehmung, d.h. durch die besondere Eigenart un­se­rer Wahrnehmungsorgane wie Augen, Ohren, Zunge, Ge­hirn, etc. schnei­den wir uns das Stück Wirklichkeit aus dem großen Realitäts­kuchen heraus, mit dem wir aufgrund unserer evolutions­bedingten Ent­wick­lungsstufe in Reso­nanz sind. Alle anderen Möglichkeiten, die wir nicht noch durch zusätzliche Instrumente erforschen, bleiben uns verschlossen.

Eine genauere Untersuchung des Meßvorganges in der Quantenphysik durch den Mathematiker John v. Neumann in den 30er Jahren ergab in seinen logischen Folgerungen, daß nur ein quantenfreies System in der Lage sei, den Kollaps in die Wirklichkeit zu ermöglichen.

„Außerhalb des Universums – der gesamten Schöpfung – gibt es aber definitionsgemäß nichts mehr, was dieses Universum beobachten könnte. Schließlich soll das Universum alles umfassen, und wenn alles quantisiert ist, auch die Raumzeit, was kann da dann dieses Universum wirklich werden lassen, wenn nicht das Bewußtsein?“ (Davies, P.: a.a.O., S. 154)

Um das für einen Physiker unangenehme Bewußtseins-Postulat (mit welchen Formeln ließe sich ein Bewußtsein berechnen?) aus der Welt zu schaffen, schlugen zwei andere Physiker 1957 vor, die Welt nicht als einen Schwebe­zu­stand sich überlagernder Möglichkeiten anzusehen, sondern diese unendlich vielen Wahrscheinlichkeiten als reale Welten anzunehmen (Davies, P.: a.a.O., S. 154). Das heißt, daß je­der mögliche Quantensprung eine neue, wenn auch nur leicht veränderte Welt schafft.

„Jedes Quantenereignis, auf jedem Stern, jeder Galaxie und in jedem Winkel des Universums zerteilt auch unsere hiesige Welt in Myriaden von Kopien. Das ist Schizophrenie im Extrem.“ (Davies, P.: a.a.O., S. 156)

Aber nicht nur die Welten, sondern auch der Mensch, alle Lebewesen, die Erde, der Mond, usw. teilen sich fortlaufend; jede Kopie wird zu einem lebendigen Wesen, daß eine andere Welt bewohnt; eine Welt, die der unseren sehr ähnlich ist. Da auch das Bewußtsein jetzt nicht mehr als quantenfrei angesehen wird, teilt es sich ebenfalls ständig mit; allerdings kann es die anderen Welten nicht beobachten oder mit ihnen kommunizieren, da dies prinzipiell nicht möglich ist. Dies gilt aber nur, wenn das Bewußtsein als ein physikalisches System angese­hen wird. Sieht man es weiterhin als ein quantenfreies System an, sind auch Rei­sen in die anderen Welten möglich.

Der amerikanische Neurologe Dr. A. Puharich unternahm mit einer Gruppe von 24 Personen Bewußtseinserweiterungs-Experimente und führte sie in acht ein­heit­lich erlebte Dimensionen. Er geht davon aus, daß wir eine multi­dimensionale Psyche haben, mit „Bewußtseinskontakten“ zu allen nach der Vielwelttheorie möglichen Dimensionen (vgl. Andreas, P.: Jenseits von Einstein, Düsseldorf 1978, S. 77).

Wenn es tatsächlich unendlich viele Welten gibt: wo stecken sie? Sind sie über oder unter uns, in weit entfernten Welträumen oder wo sonst? Der Mathematiker hat es da einfach; er arbeitet mit einem eindimensionalen Raum, den er sich aber gar nicht vorstellt, sondern nur berechnet. Damit läßt er es auf sich beruhen. Wir wollen es uns aber nicht so einfach machen, sondern uns ein Bild davon verschaffen, wie eine höhere Dimension als die uns bekannten drei Dimensionen aussehen könnten. Dazu ist es zweckmäßig, auf die Ebene von zwei Dimensionen herunterzugehen.

Wenn wir einen Schnitt durch einen Autoreifen machen, (vgl. Capra, F.: a.a.O., S. 149) sehen wir zwei Scheiben, die relativ weit voneinander entfernt liegen und für jemanden, der auf ihnen leben würde, völlig ohne Zusammenhang wären. Nur aus unserer Per­spektive zeigt sich, daß sie in der Raumdimension miteinander verbunden sind.

Deswegen kann man nicht einfach sagen, daß die gesuchten anderen Welten sozu­sagen in einer anderen Raumecke sind. Es hat eher den Anschein, daß sie mitten unter uns sind. Sie durch­drin­gen uns in einer unbekannten Weise und sind trotzdem unnahbar, zumindest für das normale Bewußtsein.

Davies benutzt die Vielweltentheorie, um der elementaren Unbestimmtheit, d.h. also dem Zufall, ade zu sagen.

„Die Mehrfachweltentheorie läßt diese Unbestimmtheit in einem anderen Licht erschei­nen. Die Information, die zur völligen Vorhersag­barkeit, z.B. des Atomkernverhaltens ausreichen würde, ist – vereinfacht gesagt – in den anderen Welten verborgen, zu denen wir keinen Zugang haben. Damit wird der Hyperraum als Ganzes wieder völlig vorher­sag­bar, und der Einfluß des Zufalls in unserer Welt ist in Wirklichkeit auf unsere be­grenzte Erfahrung eines winzigen Teilbereiches dieses Hyperraumes zurückzufüh­ren.“ (Davies, P.: a.a.O., S. 158)

Wenn man sich einmal längere Zeit überlegt, was selbst Naturwissenschaftler heute über die Eigen­schaft unserer Wirklichkeit sagen, insbesondere über die Rolle des Bewußtseins bei der Erschaffung der Wirklichkeit, dann kann man diese Welt tatsächlich nur als Traumgebilde ansehen. C.G. Jung meinte einmal in einem anderen Zusammenhang, daß der Mensch auch tagsüber träume. Er merkt es nur nicht, weil das Wachbewußtsein zu viel Krach macht (zitiert nach Watson, L.: Der unbewußte Mensch, Frankfurt 1979, S. 259).

Der Traum findet aber scheinbar nicht nur in uns selbst statt, sondern bezieht sich auch auf unsere Umwelt. Wir sind offensichtlich nur Statisten in einer Szenerie, die wir selbst durch die Qualität und die Zweckbestimmtheit unserer Messung, d.h. unserer Wahrnehmung, bestimmen. Wenn wir jetzt noch hinzunehmen, und damit können wir ein Resümee dieses Kapitels ziehen, daß selbst der Zeitablauf, der für uns die wichtigste Orientierung in unserem Leben bedeutet, in Frage gestellt wird (In den Worten des Physikers Hermann Weyhl: „Die Welt passiert nicht, sie  i s t !“ (vgl. Davies, P.: a.a.O., S. 215), dann müßte eigentlich jeder einiger­maßen vernunftbegabte Mensch spätestens an dieser Stelle das Buch zuklappen und dem Streben nach Erkenntnis good-bye sagen. Welchen Sinn hat es, in einer Welt zu leben, die offenbar unserer Einbildung entspringt, keinen festen Be­zugs­punkt hat und wo alle gewöhnlichen Werte nicht mehr als Luft gelten? Wo­für noch anstrengen, wenn man angesichts dieser bodenlosen Perspektive nur noch fatalistisch mit den Achseln zucken kann. Natürlich: Physiker sind auch nur Menschen und können sich irren. Aber wenn man nicht einmal den Wissen­schaftlern glauben kann, die es doch eigentlich wissen müß­ten, wem dann?

Buddha hat einmal gesagt, daß man nicht einmal der Überlieferung glauben soll, selbst „wenn sie sehr alt und vielerorts verbreitet ist. Glaubt nicht, bloß weil viele Leute von etwas sprechen. Auch dem, was die Weisen vergangener Zeiten sagten, sollt ihr keinen blin­den Glauben schenken. Glaubt nicht an eure eigenen Vorstellungen, indem ihr euch ein­redet, ein Gott habe sie euch eingegeben. Glaubt nicht, bloß weil eure Lehrer und Priester es behaupten. Prüft alles selbst und glaubt an das, was ihr in euch selbst erfah­ren und als vernünftig befunden habt, und nach dem sollt ihr euren Lebenswandel rich­ten (Vgl. Zurfluh, W.: Quellen der Nacht, Interlaken 1983, S. 91).

Die Physiker sind nicht die einzigen anerkannten Wissenschaftler, die heute esoterisches Gedankengut verbreiten. Auch in anderen Wissenschaftszweigen lassen sich Belege dafür finden, daß die Wirklichkeit anders ist als wir es uns normalerweise vorstellen. Insbesondere der schöpferischen Kraft des Bewußt­seins wird im Rahmen einer ganzheitlichen Weltanschauung immer mehr Beachtung geschenkt. Placebo- und Hypnose-Effekte, psychosomatische Krank­heiten u.ä. weisen auf die Rolle des Geistes bei der Wahrnehmung und Gestaltung der Wirklichkeit hin. Da dies selbst schon in der Physik der Fall war, wird es allmählich Zeit, daß wir uns gründlich mit dieser so unwissenschaftlichen Kraft auseinandersetzen, zumal den geistigen Kräften auch in der Esoterik größte Wertschätzung entgegengebracht wird. Deshalb als erstes die Frage: Was ist Bewußtsein?

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