Eine philosophische Entdeckungsreise

Das Spiel mit dem Gegensatz

2.1.6 Weniger ist mehr

Eine wunderschöne Übung im Nicht-Tun wäre folgendes Tun: Du kündigst lauthals an, daß Du am kommenden Tag stündlich 1000 DM in kleinen Schei­nen zum Fenster hinauswerfen würdest. Was wird passieren? Spätestens nach der zweiten Stunde würden die Massen vor Deinem Fenster sich versammeln und sich um die Geldscheine drängeln, wenn nicht sogar schlagen.

Wo es etwas Wertvolles umsonst gibt, kann wohl kaum jemand „Nein“ sagen. Auch ein Zwang, dem wir unterliegen. Selbst oder gerade Menschen, die genü­gend Geld besitzen, zeichnen sich dahingehend besonders aus.

Aber es geht natürlich nicht nur ums Geld. Wenn wir könnten, wie wir möchten, würden wir alles in Besitz nehmen wollen. Möglichst alles, was glänzt. Gold, Edelsteine, schöne Frauen, Edelkarossen, Delikatessen, etc. Reiche Leute leben so. Und jeder von uns, machen wir uns nichts vor, strebt dieses Bild an. Der eine mehr, der andere weniger.

Aber es ist nicht nur dieser paradiesische Zustand, den wir anstreben, wir wollen überhaupt besitzen. Das fängt wie bereits angeführt im Supermarkt an, wo wir uns zurückhalten müssen, um nicht auf die Verführungskünste der Einzelhändler hereinzufallen. Das setzt sich aber auch bei den Sight-seeing-Tours fort, wo die touristischen Ziele möglichst schnell abgeklappert und abgehakt werden. Oder in der Freizeit generell, wo wir schon längst deshalb in Stress geraten sind, weil wir möglichst viel von den interessanten Möglichkeiten (Kino/Theater, Essen gehen, Freunde besuchen, Sport/Gymnastik treiben, etc) mitnehmen wollen.

Und noch eine Etage tiefer, erleben wir dieses Begehren z.B. beim Essen. Manche bekommen den Hals nicht voll, obwohl sie bereits zum Club der Übergewichtigen gehören. Insbesondere dann nicht, wenn es (siehe oben) bei Einladungen etwas umsonst gibt. Für viele ist das neueste Automodell, die neueste Mode geradezu notwendig. Und die männlichen Don Juans, die von einer Dame auf die nächste … (Verzeihung), manche vielleicht nur in der Phan­ta­sie mit Hilfe eines Pornos, sind sattsam bekannt.

Und gehen wir noch weiter in den Keller, dann landen wir im Bereich der Sucht. Angefangen bei den Ruhmsüchtigen, die alles tun würden, damit sie in die Zeitung oder ins Fernsehen kommen bzw. Generaldirektor oder Bundeskanzler werden. Macht- oder Geldgier gehört auch dazu. Zur klassischen Sucht werden vor allem die Spielarten des menschlichen Verhaltens gezählt, bei denen die Menschen hilflos ihrer Habgier ausgeliefert sind. Ob es nun die noch scheinbar harmlosen Work-aholics oder Spielsüchtigen sind. Oder die vor allem gesund­heits­gefährdeten Mager- und Tablettensüchtigen, die Nikotin-, Alkohol- und Drogenabhängigen. Bei ihnen ist das Gleichgewicht völlig gestört. Für sie ist es auch am schwersten, gegen die Macht der Begierde anzugehen. Da kann nur noch die Hilfe von außen kommen.

Normalerweise sind wir in der Lage, uns zu beherrschen. Schon deshalb, weil wir die negativen Folgen fürchten. Aber wehe, wenn wir losgelassen werden. Ich hatte einmal einen luziden Traum, also einen Traum, in dem man sich bewußt ist, daß man träumt und was glaubst Du, welchen Wunsch erfüllte ich mir als erstes? Ich schäme mich nicht, es zuzugeben. Es war ein sexueller Wunsch. Also die unterste Kategorie, deren Macht unser Unterbewußtsein in vielen Bereichen beherrscht.

Doch zurück zum Nicht-Tun. Es liegt auf der Hand. Wenn wir dieses einseitige Verlangen, das in uns alltäglich mehr oder weniger zum Vorschein kommt, nicht nur beherrschen, sondern auflösen wollen, dann müssen wir bewußt Verzicht üben. Enthaltung, Demut, Opferbereitschaft – all die hehren Tugenden, die in den Religionen schon seit altersher gepredigt werden, lassen sich auch in diesem Zusammenhang nicht vermeiden. Sie sind der Gegensatz zu unserem normalen Verhalten. Nur mit ihrer Hilfe gelangen wir indas gewünschte Gleichgewicht.

Also doch das Geld aus dem Fenster werfen, sich in Sack und Asche hüllen und 30 Tage durch die Wüste marschieren? Das kann schon sein, wenn es jemand braucht. Du mußt Deine eigenen Übungen finden. Wenn Du reich sein willst, muß die Armut in Dir wohnen. Wenn Du ein sexueller Kraftprotz sein willst, muß die Keuschheit in Dir verankert sein. Wenn Du viel besitzen willst, muß Du mit wenig zufrieden sein.

  • Anonymous

    Vielen Dank für dieses Buch. Es ist seit langem ein Buch das ich sofort komplett bis zum Ende gelesen habe. Viele Grüsse Willy

    • hulrich

      Vielen Dank, Willy! Ist schön, wenn mal jemand antwortet und dann noch so positiv. Für weitere Fragen oder Kommentare stehe ich gerne zur Verfügung. Hans Ulrich

Ihr Feedback ist wertvoll

Sie haben Anregungen oder Bemerkungen zu meinen Texten? Schreiben Sie mir Ihren Kommentar. Falls Sie eine Antwort wünschen, vergessen Sie nicht, mir Ihre E-Mail-Adresse und Ihren Namen mitzuteilen. Vielen Dank!

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

* Pflichtangaben