Eine philosophische Entdeckungsreise

Das Spiel mit dem Gegensatz

2.1.11 Leise rieselt die Zeit…

Gut und schön, könnte man jetzt wieder sagen. Aber was nützen derartige Empfehlungen, wenn man den Tod vor Augen hat. Unsterblichkeit, wenn der Sand in der Lebensuhr beharrlich nach unten rieselt? Die Haare werden grau, der Körper läßt nach, die verbleibende Zeit ist abzusehen.

Was ist das eigentlich? Zeit…

Wenn wir wissen wollen, wie spät es ist, schauen wir auf die Uhr. Sie zeigt uns die Zeit an oder besser, wie lange die Erde um die Sonne braucht. Wenn wir von A nach B gehen, benötigen wir eine bestimmte Zeit. Umgekehrt spricht man von einem zeitlosen Gesicht, wenn es sich nicht verändert.

Zeit (Verlauf, Umfang) hat also etwas mit Bewegung oder Veränderung zu tun. Dort, wo sich viel bewegt, vergeht die Zeit auch schnell. Z.B. im spannenden und interessanten Unterricht, aber auch in der Hektik des Alltags. Wo der Mensch keine Anregungen erfährt, z.B. auf einer einsa­men Insel oder allein in seiner Wohnung, kann sehr viel Zeit zur Verfügung stehen, die unter Umständen sogar quälend langsam vergeht.

Zeit können wir also füllen, z.B. mit einer Vielzahl von oberflächlichen Ein­drücken, was uns nachher das Bewußtsein einbringt, daß die Zeit dahinrast, ohne daß wirklich etwas hängenbleibt. Oder wir können Zeit auch bewußt gestalten. Indem wir die von uns wahrgenommenen Veränderungen und Bewe­gun­gen auf das Maß reduzieren, das wir verkraften und vor allem genießen können. Ein Spaziergänger, der zwei Stunden durch die Landschaft geht, kann sicherlich diese Zeit wesentlich inhaltsreicher gestalten als ein Autofahrer, der zwei Stunden durch die Gegend fährt. Für beide ist dann zwar objektiv gesehen die gleiche Zeit vergangen. Aber während der eine die Natur genossen hat und sich entspannt wieder an die Arbeit machen kann, hat der andere Kopf­schmer­zen, weil er die vielen Eindrücke beim Vorbeifahren nicht verarbeiten konnte und außerdem Rückenschmerzen durch die passive, gekrümmte Sitzhaltung.

Doch lassen wir dieses Problem zunächst beiseite. Ein ganzheitliches Weltbild, in dem die Gegensätze aufgehoben sind, kennt natürlich auch keinen Zeitfluß. Vergangenheit und Zukunft fallen zusammen. Sie bilden eine Einheit. D.h. das, was wir als Abfolge von Situationen und Ereignissen erleben, findet in seiner Aufspaltung nur in unserem Geiste, d.h. auf unserer Bühne statt. Indem wir uns erinnern, erschaffen wir die Vergangenheit. Das ist völlig klar. Was haben wir nicht schon alles vergessen, was für immer und ewig für uns vergessen bleibt. Und was vergessen ist, existiert nicht für uns für unser Bewußt-Sein.

Und die Zukunft? Erschaffen wir sie nicht auch durch unser Gerede, durch unsere Wünsche und Sorgen? Wenn wir aufhören würden, darüber zu philo­so­phie­ren, was einmal sein wird und die Erinnerungen an das, was war, auslöschen könnten, würden wir uns befreien. Wir könnten wieder ein Stück Zwang über Bord werfen. Was war, ist doch wirklich Schnee von gestern. Und Sorgen vor der Zukunft brauchen wir nicht zu haben, wenn wir uns dem Jetzt ganzheitlich mit vollem Herzen widmen.

Kannst Du Dich an eine Zeit erinnern, wo Du wirklich glücklich warst? Vielleicht nur ein paar Stunden, wo Du mit Freunden Zeit und Raum vergessend zusam­men­gesessen hast. Was passiert denn eigentlich da?

Wenn wir in einer Situation vollkommen drin sind, das kann z.B. auch bei der konzentrierten Arbeit und beim entspannten Bücherlesen vorkommen, verlieren wir das Zeitgefühl. Die Welt verschwindet für uns. Erst der Blick auf die Uhr bringt uns wieder auf die Ebene der Gegensätze.

Es mag vielleicht wiederum seltsam klingen. Aber, wenn Du erreichen möchtest, daß Zeit (viel Zeit, wenig Zeit) für Dich keine Rolle mehr spielt, dann schau ganz einfach nicht mehr auf die Uhr. Leg sie weg, schaff den Wecker ab, mach keine festen Termine mehr aus, usw. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Gerade im Berufsleben ist es häufig unverzichtbar, exakte Termine einzuhalten.

Die Frage ist natürlich, was Du willst. Hektik, Stress, Druck entsteht doch nur dadurch, daß wir unbedingt irgendetwas einhalten wollen oder glauben tun zu müssen, das durch zeitliche Bedingungen geprägt ist. Z.B. glauben viele, daß sie morgens durch den Wecker geweckt werden müßten, weil sie es sonst nicht pünktlich zur Arbeit schaffen. Die Frage ist: Was ist dabei Gewohnheit, und was ist wirklich notwendig?

Gibt es eine gleitende Arbeitszeit? Läßt sich der Arbeitsbeginn generell auf später am Morgen bei Langschläfern einrichten? Sollte man nicht früher ins Bett gehen? Vielleicht kann man den Einsatz des Weckers auf das notwendige Maß reduzieren. Oder man riskiert bewußt, auch einmal zu spät zu kommen. Für den Preis, daß man ausschlafen kann, was ja auch eine höhere Leistungsfähigkeit bedeutet, die sich am Tag wieder bezahlt macht, auch für den Arbeitgeber.

Wir wollen dieses Thema hier nicht ausspinnen. Du mußt Dir selber die Bereiche suchen, in denen Du die Bedeutung von Zeit zurückdrängst oder besser noch auflöst. Du mußt Dir immer dabei klar machen, daß Du selber mit Deinen Wünschen und Ängsten derjenige bist, der die Zeit aufteilt in einen Anfang und in ein jeweiliges Ende. Daß Du es in der Hand hast, Deine Zeit zu gestalten und zu genießen. ZEIT IST LEBEN! Entdecke die Freude am Leben, indem Du die Zeit entdeckst. Versuche nicht, Ihr zu entfliehen, indem Du Dich immer beschäftigst. Zeit zu haben ist ein kostbares Geschenk. Nutze es, um Dich und die Welt da draußen in Einklang miteinander zu bringen.

  • Anonymous

    Vielen Dank für dieses Buch. Es ist seit langem ein Buch das ich sofort komplett bis zum Ende gelesen habe. Viele Grüsse Willy

    • hulrich

      Vielen Dank, Willy! Ist schön, wenn mal jemand antwortet und dann noch so positiv. Für weitere Fragen oder Kommentare stehe ich gerne zur Verfügung. Hans Ulrich

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