Eine philosophische Entdeckungsreise

Das Spiel mit dem Gegensatz

2.1.8 Auch eine Fliege hat ein Recht zu leben

Früher habe ich bedenkenlos Fliegen gefangen und auch getötet, wenn sie gar zu frech um meine Nase tanzten oder auch nur einfach in meine Nähe kamen. Heute trage ich selbst Spinnen aus dem Zimmer; öffne Fenster, um Fliegen und ähnliche Artgenossen zu befreien und sogar die Mücke darf mich stechen (natürlich nur in Maßen), ohne daß ich Jagd auf sie mache.

Ich nehme an, daß es Dir ähnlich ergeht. Das Bewußtsein für die Schutz­wür­dig­keit des Lebens hat sich enorm erweitert. Doch die Gewalt ist nach wie vor da. Häu­fig sind es nur Worte, die schon verletzen. Selbst Blicke können “tödlich” sein. Andere die eigene Macht spüren zu lassen, sie zu vorgegebenem Handeln zu zwingen und sich selbst durch ihre Fehler zu erhöhen, ist eine Form der subtilen Gewalt, die heute vor allem in der Berufswelt an der Tagesordnung ist. Und wenn jemand gedankenlos ein Blatt von einem Zweig reißt, Ameisen­kolonnen auf dem Weg übersieht oder mit seinem Wagen nachts über Feldwege rast und dabei Kaninchen überrollt, dann „versündigt“ er sich auch gegenüber seiner Umwelt.

Natürlich können wir nicht restlos verhindern, daß unser Dasein das Leben anderer kostet bzw. schädigt. Aber es kommt auf unser Bemühen an, den Schaden, den wir verursachen, auf ein Minimum zu begrenzen.

Und wenn wir trotzdem meinen, daß es notwendig sei, das Leben anderer zu schädigen oder zu beeinträchtigen, dann können wir behutsam vorgehen, den Schmerz reduzieren und uns eventuell auch sogar entschuldigen, insbesondere dann, wenn wir nicht aufgepaßt haben. Selbst Pflanzen sind schutzwürdig, deshalb schneide ich auch ungern Blüten ab.

Im übrigen ist die Unterscheidung zwischen Leben und Nicht-Leben recht will­kür­lich. Die soge­nannte tote Materie hat prinzipiell die gleichen Rechte auf Unver­sehrtheit und Zuvorkommenheit. D.h. alle Dinge, mit denen ich zu tun habe, sei es das Auto, das Haus, die Arbeitsmaterialien, usw. bedürfen meiner Sorgfalt und meines Schutzes. Ganz im Sinne der Einheit von Außen und Innen. Denn was ich für das jeweilige Andere tue, das tue ich auch für mich.

Nicht-Tun bedeutet hier, die Aufmerksamkeit auf die Art und Weise richten, wie ich mit lebendigen und sogenannten toten Wesen oder Sachen umgehe. Statt die Früchte der Erde und die Erde selbst zu verachten oder als wertlos zu bezeichnen, sie gar zu vergewaltigen, indem wir sie achtlos oder unnötig töten bzw. verletzen oder verschwenden, sollten wir sie mit Liebe betrachten und behandeln. D.h. konkret das Auto nicht nur pflegen, sondern auch öfter stehen­lassen, wenn es möglich ist. Die Planzen und Tiere im Garten nicht ständig mit che­mi­schen Mitteln und dem Rasenmäher malträtieren, sondern nur das Notwendigste tun. Soviel einkaufen und zubereiten, was auch gegessen wird, auch auf die Gefahr hin, daß bei einer Party z.B. die letzten Gäste nichts mehr bekommen.

Der Tag ist voll mit Möglichkeiten, sich im Tun der Gewaltlosigkeit zu üben. Fang einfach an!

  • Anonymous

    Vielen Dank für dieses Buch. Es ist seit langem ein Buch das ich sofort komplett bis zum Ende gelesen habe. Viele Grüsse Willy

    • hulrich

      Vielen Dank, Willy! Ist schön, wenn mal jemand antwortet und dann noch so positiv. Für weitere Fragen oder Kommentare stehe ich gerne zur Verfügung. Hans Ulrich

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