Eine philosophische Entdeckungsreise

Das Spiel mit dem Gegensatz

2.4 Magie der Gegensätze

Bevor wir nun ans Ende dieses Buches gelangen, habe ich noch ein Versprechen einzulösen. Ich habe mir lange überlegt, ob ich wirklich darauf eingehe. Viele Leute haben damit Berührungs­ängste. Aber ich denke, ein Buch über Ganzheitlichkeit kann kein Thema aussparen oder gar verdrängen. Zumal es offenkundig auf der Hand liegt.

Worum geht es?

Am Anfang dieses Buchs habe ich gesagt, daß man eine Sache, die man haben will, loslassen muß. Dieser Widerspruch ist uns mittlerweile geläufig, Aber was heißt das nun wirklich? Welche Bedeutung hat es für uns?

Ich blende noch einmal zurück.

Die Welt, so haben wir gesagt, ist in ihrem Wesen geistiger Natur. Unsere Gedanken, unsere Wünsche und Sorgen manifestieren sich auf unserer Lebens­bühne, geregelt durch das Gegen­satz-Prinzip. Was liegt nun näher als anzu­neh­men, daß wir damit auch in der Lage sind, das Geschehen um uns herum zu beeinflussen, und zwar nicht nur entsprechend unserer Schul­weisheit, sondern auch auf Wegen, die jenseits von Raum und Zeit, von Physik und Mathematik liegen.

Diese Wege sind nicht unbekannt. Ganze Bibliotheken sind seit Jahrhunderten damit gefüllt. Magie, Mystik, Alchimie, um nur einige zu nennen, gehören zu den Geheimlehren, die früher nur in hermetisch abgeschlossenen Zirkeln gelehrt und angewendet wurden. Heute können wir dieses Wissen in jeder Buch­hand­lung erwerben.

Man kann sich natürlich weiterhin darüber streiten, welchen schulwissenschaft­lichen Wert diese esoterischen Weisheiten haben. Und es gibt genügend war­nen­de Zeigefinger angesichts mancher bedauernswerter Zwischenfälle beim Tischerücken und Geisterbeschwören.

Magie jedenfalls wird als das Wirken mit geistigen Kräften definiert ( siehe z.B. Douval, Bücher der praktischen Magie), und damit sind wir im gleichen Boot wie die Meister jener Zunft. Im übrigen gehört die Kirche auch dazu. Das Gebet ist nichts anderes als die Absicht, mit Hilfe von Gedanken die Welt zu verändern, zu wessen Gunsten sei dahingestellt. Und die Rituale mitsamt Weihwasser und Weihrauch gehören zu den klassischen Zeremonien der Magie.

Aber sei es drum. Was können wir als zunächst einmal kleine Magier (große Magier sind wir nur unbewußt) alles tun, damit sich die Welt zu unserem oder von uns gewünschten Vorteil für andere verändert?

Aufgrund der Entsprechung zwischen Innen und Außen reicht im Idealfall die Äußerung eines Wunsches, damit dieser sich verwirklicht. Aber wieviele Leute wünschen sich 6 Richtige im Lotto und gewinnen nie. Offenbar besteht zwischen Wunsch und Wirklichkeit eine Barriere, die umso höher ist, je größer der Wunsch ist. Besser kann man auch sagen, je weiter weg der Wunsch von jemandem ist.

Erinnern wir uns an das Potential. Es enthält grundsätzlich alles, was nur irgend­wie denkbar ist. Aber alles, was in Erscheinung tritt, tritt nur als Gegensatz in Erscheinung. Und es bedarf einer bestimmten Menge Energie, um einen Gegensatz zu kreieren. Denken wir an das Pulver, das die Kugel aus dem Ge­wehr­lauf jagt. Folglich bedarf es zunächst einer Entsprechung zwischen uns und der gewünschten Wirklichkeit. Was heißt das?

Die Welt ist unser Spiegelbild. Jeder Mensch lebt in einer Umgebung, die seinem Denken und Fühlen, seinen Erfahrungen und Gewohnheiten entspricht. Das Leben entwickelt sich in der Regel entlang einer Schnur, die vom Mutter­bauch über Schule, Beruf, Familie bis zum Rentner-Dasein und zum Tod reicht. Zwischen Innenwelt und Außenwelt gibt es stets eine weitgehende Über­ein­stimmung. Es mag zwar vorkommen, daß man unzufrieden ist mit dem, was sich in der Außenwelt abspielt. Aber dafür dürften auch Disharmonien in der eigenen Persönlichkeits-Struk­tur verantwortlich sein. Persönlichkeits-Merkmale wie Intelli­genz oder Charakter scheinen eben­falls, sei es durch Vererbung oder durch Er­zie­hung, weitgehend festgelegt zu sein. Die Astrologie gibt das Ihrige dazu, um zu bestätigen, daß niemand so ohne weiteres über seinen Schatten springen kann.

Wenn Du Dir also 6 Richtige im Lotto wünscht oder Bundeskanzler werden möch­test, dann gibt es für Deinen Wunsch normalerweise keine Entsprechung in Dei­ner Umwelt. Deinem Wunsch fehlt der Gegensatz. Oder man kann auch sa­gen, er ist zu schwach, um sich zu verwirklichen. Lotto spielen allein reicht nicht, genauso wenig, wie in eine Partei einzutreten. Wenn jemand im Lotto gewinnt, muß mehr dazukommen. Etwas, was wir als Außenstehende selten überblicken können, aber in die individuelle Landschaft paßt. Bei der Bundeskanzler-Wahl ist es so ähnlich.

Wünsche werden viel leichter wahr, wenn sie sich von selbst ergeben. Also, wenn Dein Auto droht, seinen Geist aufzugeben, Du aber kein Geld hast, ein Neues zu kaufen, wird Dein Wunsch so mächtig, daß Du unverhofft zu Geld kommst (Erbschaft, Schenkung, etc), vielleicht in dem Moment, wo das Auto endgültig auf dem Schrottplatz landet. Oder Du wünscht Dir, daß Deutschland Fußball-Weltmeister wird, und es funktioniert, nicht nur, weil Du Dir das wünscht, sondern auch, weil es in der Luft liegt.

Das ist die einfache Ebene der Magie. Sie klappt aber auch nur dann, wenn, wie gesagt, für Deinen Wunsch eine weitgehende Entsprechung vorliegt (wenn er paßt) , was auch bedeutet, daß Du Dich nicht an die Erfüllung Deines Wunsches klammerst. Sobald Du dies tust, entsteht eine Schieflage des Gegensatzes. Du wirst mit dem Gegenteil von dem konfrontiert, was Du eigentlich möchtest. Wunsch und Wirklichkeit müssen gleichgewichtig mit Energie geladen werden.

Nehmen wir an, daß Du einen Auftrag haben möchtest, der Dir viel bedeutet. Du tust Dein Bestes, aber die Entscheidung liegt in den Händen anderer. Wie die Schlange auf das Kaninchen starrst Du auf Termine, den Briefträger, das Telefon. Es passiert nichts. Verzweifelt rufst Du selber an und erreichst prompt das Gegenteil. Man hat sich leider für jemand anders entschieden.

Besser wäre, sich vom zwanghaften Wunsch zu lösen und sich so zu verhalten, als ginge Dich die Sache gar nichts an. Also wegfahren, entspannen oder an Alternativen arbeiten. Das ist ohnehin das Beste. Möglichst viele Alternativen eröffnen. Das mindert die Abhängigkeit von der Erfüllung dieses Wunsches, und Du kannst damit spielen. Nach dem Motto: Wenn es es klappt, ist es gut und wenn nicht, dann ist es auch gut.

Die Energie spielt eine Schlüsselrolle bei der ganzen Geschichte. Du bist der Schöpfer Deines Universums. Energie bedeutet Kraft. Nur wenn Du genug Kraft hast, kannst Du Gegensätze kreieren. Ein Stoßgebet ist ein Beispiel dafür, wie jemand unter Aufbietung der letzten Kräfte etwas zu bewegen wünscht.

Damit kommen wir zu einer höheren Ebene der Magie. Wir können bewußt un­se­re Kräfte auf die Verwirklichung eines Wunsches konzentrieren. Was brauchen wir dazu?

Zunächst den festen Willen. Dieser Wille läßt sich nicht so ohne weiteres erzeu­gen. Der bloße Gedanke, man könne sich doch einmal etwas wünschen, reicht dazu nicht. Ein wirklicher Wille entsteht dann, wenn jemand z.B. in einem Wettkampf schon als verloren gilt, aber dann durch einen unglaublichen Einsatz (Willen) das Eisen noch aus dem Feuer holt. Wille hat also mit Krafteinsatz, auch mit Gefühlen z.B. nicht verlieren zu wollen oder Liebe/Haß, zu tun. Häufig kommt er von ganz allein, abgeleitet von unseren Bedürfnissen, Wünschen und Sorgen.

Weiterhin benötigen wir eine klare Zielsetzung, die wir uns möglichst bildlich vorstellen. Damit wird der Wunsch angereichert. Der Gedanke bekommt Flügel, wird konkreter.

Unternehmensberater schulen das Management fortschrittlicher Firmen deshalb auch dahin­gehend, daß sie ihnen dabei helfen, eine Vision zu entwickeln. So wie es große Firmengründer – ein Computer an jedem Arbeitsplatz (Nixdorf) oder das Radio in jedem Haushalt (Grundig) – vorgemacht haben. Vision heißt, so eine anerkannte Wirtschaftszeitung (Wirtschaftswoche 7/91), den er­wünsch­ten Endzustand klar vor Augen haben. Eine Vision, so schreibt die Zeitung weiter, ist auch immer ein Ziel, das uns besonders am Herzen liegt. Denn was man mag, das stellt man sich auch oft vor. Wir brauchen also Emotionen. Positiv Denken, vom Herzen kommend, könnte man auch dazu sagen.

Um unsere Energie nicht zerfließen zu lassen, müssen wir Störungen ausschalten. Die Konzen­tra­tion auf den Punkt, auf die Erledigung der im Zusam­men­hang mit dem Wunsch stehenden Aufgaben, ist gefordert.

Und dann mußt Du vor allem warten können. Warten, ohne Hoffnung auf Erfül­lung.

Die dritte Ebene ist die eigentlich magische. Hier wird mit Beschwörungen, Ritualen, Räucherungen und zur Not auch mit Hilfsgeistern gearbeitet. Hier ein Beispiel für ein magisches Experiment:

„Doch dann wurde ich plötzlich hellwach, und mein Herz begann heftig zu schlagen. In der Mitte des Raumes bildete sich, wie aus einem Nebel kommend, eine immer deutlichere Konturen an­neh­mende Gestalt, die sich dem Versuchs­leiter zugewendet hielt, so als führte sie eine heimliche Zwiesprache mit ihm, von der nichts an meine Ohren drang. Die Gestalt war in ein sonderbares, überzeit­li­ches Gewand gekleidet, der Kopf war der eines Mannes, aber mit stechendem, durch­bohrendem Blick, mit schmalen, harten Händen, die bis zu mir herüber­schimmerten.

Meine Erregung war, obwohl dies der erste ‘Geist’ war, den ich sah, merk­wür­di­ger­weise von mir abgefallen, denn der nach wir vor  versunken dasitzende Versuchsleiter wirkte so beispielhaft beruhigend, daß sich Exal­tationen einfach nicht halten konnten. Das Medium atmete schwer, ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Von ihm zu dem erschienenen Wesen schienen sich kaum feststellbare Bande zu ziehen, leicht, grau, unfaßbar wie Nebel, aber von einer Kälte, die ich in meiner Ecke zu empfinden schien.

Der Versuchsleiter sprach plötzlich leise einige Worte, offenbar an die Ver­suchs­person gerichtet: ‘Sie werden in einer Minute erfrischt aufwachen. Nehmen Sie jetzt Ihre Kräfte zurück!’ Die Gestalt aus der anderen Welt begann sich aufzu­lö­sen, genauso, wie sie sich gebildet hatte. Die Versuchs­person begann aus ihrer Trance zu erwachen. Der Versuchsleiter erhob sich, sah mir lächelnd in die Augen und schritt einige Mal im Zimmer auf und ab, nachdem er die Räuche­rung abgestellt und ein Fenster geöffnet hatte:

‘Die Erscheinung, die Sie sahen’, sagte er zu mir, während sich meiner eine immer größere Abspannung bemächtigte, ‘entstammt der astralen Welt. Sie ist eine rein geistige Kraft unserer Versuchsperson und mit Hilfte Ihrer und meiner Odkraft materialisiert worden. Sie können dasselbe ereichen, wenn Sie syste­matisch die Trennung odisch-astraler Teile trainieren und jederzeit bei sich ein Trance-Bewußtsein herbeiführen und entsprechende Vorstellungen geistig verwirklichen können.“ (Douval, H.E.: Bücher der praktischen Magie, Freiburg 1983, Band X, Seite 58)

Du siehst also, Wünsche zu verwirklichen, ist nicht so einfach. Auch wenn wir in einer magischen Welt leben, die unser Paradies sein könnte, sind wir, d.h. unsere Kräfte, doch an die verschiedensten Vorstellungen gebunden, die uns das Leben manchmal eher zur Hölle machen. Sich davon freizumachen, zwanghafte Gegensätze aufzulösen und die dann freien Kräfte dazu zu benutzen, sich den Himmel auf Erden zu holen, ist Deine Aufgabe und damit der Sinn dieses irdischen Unsinns.

  • Anonymous

    Vielen Dank für dieses Buch. Es ist seit langem ein Buch das ich sofort komplett bis zum Ende gelesen habe. Viele Grüsse Willy

    • hulrich

      Vielen Dank, Willy! Ist schön, wenn mal jemand antwortet und dann noch so positiv. Für weitere Fragen oder Kommentare stehe ich gerne zur Verfügung. Hans Ulrich

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